Best In Show
Es sollte ein schönes verlängertes Wochenende werden – Donnerstag Anreise, Montag Abreise – mit drei Ausstellungstagen in Grafenegg und Tulln, ca. eine halbe Stunde von Wien entfernt. Ich muss schon sagen, wir sind ein bisschen wie auf heißen Kohlen nach Österreich gefahren und waren uns nicht sicher, ob wir nicht schon direkt am Freitag wieder die über 1000km weite Heimreise antreten würden – wieso, weshalb, warum … dazu in einem späteren Blogpost mehr. :D Ursprünglich haben wir lediglich das letzte benötigte CACA in Tulln anvisiert, um im nächsten Jahr den Championtitel zu erlangen. Für die österreichische Clubschau, von der wir bis vor kurzem noch garnichts wussten, haben wir uns daher nur gemeldet, weil sie uns von Eva in Wieselburg wärmstens ans Herz gelegt wurde. Sie hatte nicht zu viel versprochen, der Ort der Ausstellung – Schloss Grafenegg – ist einfach traumhaft. Zudem freuten wir uns natürlich sie und Christina wiederzusehen. Ausstellungen machen unter gleichgesinnten Tollerverrückten sooo viel mehr Spaß. ;)
Wir übernachteten im Hotel Tullnerfeld, einem kleinen Bed & Breakfast Hotel am Rande von Tulln. Zwar gab es keine Klimaanlage dafür aber ein schickes Interieur, viel Platz und sehr nettes Personal. Die 13 Stunden Anfahrtszeit mit dem Auto schlauchten uns ganz schön, so dass wir recht zügig ins Bett fielen, es war ja auch schon dunkel draußen als wir ankamen.
Am nächsten Tag standen wir um 6 Uhr in der Früh auf. Wunderbares Wetter begrüßte uns inkl. strahlend blauem Himmel und Sonne pur, perfekt für einen Open-Air-Ausstellungstag! Schnell noch einmal mit dem Hund raus – hinter dem Hotel gab es genug Platz – und dann ab zum Frühstück, wo wir Edison mitnehmen durften. Top!
Die Fahrt nach Grafenegg verlief problemlos, wir waren binnen 30min vor Ort. Auf einem riesigen Parkplatz konnten wir direkt am Schlossgarten parken und hatten es so nicht weit bis zu unserem Ring. Auf dem Weg dorthin fiel uns gleich linker Hand ein Stück faszinierende Architektur auf: die Freiluftbühne Wolkenturm plus Konzertsaal Auditorium Grafenegg. Schick, schick muss ich sagen!
Am Ring selbst trafen wir auch sofort Christina und ihren Mann, die gerade ihr Zelt aufbauten. Wir pflanzten uns direkt neben sie. Der wahnsinnig hübsche Arduinas Flashing Kenai war natürlich auch mit dabei, mit dem sie heute in der Offenen Klasse starten würde. Neben dem Großteil an Österreichern liefen uns auch viele tschechische Hundeausteller über den Weg, so u.a. Aneta, eine alte Bekannte aus Leipzig mit ihrem Multi-Champion Shaggy Toller’s White Banjo Boy, gegen den wir heute in der Championklasse antreten durften. Wahrlich keine leichte Aufgabe! Übrigens starteten wir heute das erste Mal überhaupt in dieser Klasse, ich ließ es noch schnell zwei Tage vor Meldeschluss ändern. Später gesellte sich zu unserer Freude Eva selbst zu uns, die allerdings ohne die trächtige Hündin Joy anreiste, die zu Hause bleiben musste.
Yayyy! Die erste Hürde war genommen. Damit hätte ich anfangs nicht gerechnet, wo ich doch wusste, wie häufig Shaggy Toller’s White Banjo Boy in der Vergangenheit bereits gewonnen hatte. Ich hätte es eventuell schon ahnen können, denn Herr Fryckstrand lobte Edison bereits am Richtertisch in den höchsten Tönen, so dass ich bestimmt rot angelaufen bin. Nachdem er den Richterbericht fertig diktiert hatte, meinte er nur grinsend zu mir: »Wow, quite a nice judgement report, isn’t it?« – Was soll man darauf antworten!? :D
Als nächstes durften wir also gegen Arduinas Flashing Kenai antreten, dem Gewinner der Offenen Klasse. Quasi eine Neuauflage aus Wieselburg, wobei ich ihn heute sogar noch um einen Ticken schicker fand als damals schon und Christina ihn hervorragend ausstellte. Es dürfte spannend werden!
Wir konnten auch diese Runde für uns entscheiden. Kenai wurde dafür Clubsieger. Herzlichen Glückwunsch auch nochmal an dieser Stelle von uns! Während nun die Hündinnen an der Reihe waren, konnten wir ein wenig verschnaufen. Wobei Edison das ein wenig anders sah, er kam nämlich aus dem Präsentationsmodus gar nicht mehr raus und stand immer noch wie eine Eins vor mir.
Am Ende hieß die beste Hündin Absolut First Izolda Garonera, mit der wir ein letztes Mal um den Tagessieg laufen durften. Nach zwei Runden im Ring war bereits Schluss. Der Richter übergab uns die heißersehnte BOB-Schleife. Oh wie toll, die Freude war riesengroß!! Übrigens hielt Edison seine Körperspannung wirklich bis zum Schluss. Ach, wie ich diesen Hund liebe! :D
In der Pause zogen wir gen Ehrenring um, der eigentlich so noch gar nicht existierte, da in den Golden- und Labrador-Ringen noch gerichtet wurde, die später hierfür zusammengelegt werden sollten. In der Zwischenzeit konnten Julia und ich den bisherigen Wettbewerb analysieren und waren beide wahnsinnig begeistert vom Richter Henric Fryckstrand, der jedem Vorführer mit Worten und Gesten erklärte, was er an den Hunden schätzte und warum er sie wie platzierte. Er nahm sich richtig Zeit für jeden, Hut ab dafür! Sowas haben wir bis dato noch auf keiner Ausstellung erlebt. Natürlich war auch noch Zeit für ein kurzes Fotoshooting vor dem Schloss inkl. Spaziergang im Schlossgarten. So eine schöne Kulisse hat man echt selten.
Auf in den Ehrenring!
Bis zum Finale gab es noch einige Wettbewerbe, die vorher stattfanden, wie z.B. das Senior Handling, bester Junghund bzw. bester Veteran der Show. Unsere Fellnase war mittlerweile total relaxt und schaute sich das Treiben ganz in Ruhe liegend auf einem unserer Stühle an. Nach einiger Zeit stand ein junges Pärchen hinter uns und schaute rüber zu ihm. Sie schienen Interesse an der Rasse zu haben, waren sie doch auf der Suche nach einem Vierbeiner. Also unterhielten wir uns gut 30–45 Minuten über Toller, wobei wir ein wenig aus dem Nähkästchen plauderten. Es hat uns richtig Spaß gemacht und das Schöne daran war, die Zeit verflog somit wie im Flug.
Schließlich hieß es: Fertig machen. Der Hund wurde nochmal gebürstet und wir gingen nach hinten zum Eingang des Ehrenrings. Kurz noch ein/zwei Übungen, um die Aufmerksamkeit meiner Fellnase zu erhalten und es konnte losgehen. Die sechs Rassebesten von über 200 gemeldeten Retrievern aus insgesamt zwölf verschiedenen Ländern wurden nacheinander aufgerufen, den Ring zu betreten. Wir durften hinter dem Chessie als letzter einlaufen. Das ganze wurde wohl auch von einer Moderatorin kommentiert, was aber komplett an mir vorbeiging, da ich mich voll und ganz auf Edison konzentrierte.
Als Richter Henric Fryckstrand mit der Gewinnerschleife in der Hand zuerst nach rechts ans andere Ende der Aufreihung lief, verbrachte ich die Zeit erst einmal mit Nach-Luft-Schnappen und starrte dabei auf meine rote Fellnase, die immer noch wie versteinert dastand – einfach grandios. Die Größe des Rings gepaart mit Edisons Dauertrab hatten ihr Übriges getan. Gleich war es vorbei. Ich ging fest davon aus, dass Herr Fryckstrand zum Golden Retriever oder Flat Coated Retriever gehen würde. Immer noch tief atmend schaute ich allerdings kurz hoch und sah, dass er auf einmal auf dem Fuß kehrt machte und in unsere Richtung lief. Ich schaute ihn an und musste spontan grinsen. Als er kurz darauf vor mir stand, raunte ich nur kopfschüttelnd »Nooo!«. Er grinste zurück, nickte leicht und überreichte mir dann die Schleife. Ich war fassungslos und muss gestehen, dass ich einen kurzen Blackout hatte. Was war geschehen? Der Applaus holte mich zurück ins Diesseits. Ich schaute mir darauf die Schleife an. Dort stand geschrieben: Best in Show.
Julia freute sich natürlich wie Bolle, dachte aber zu dem Zeitpunkt, dass Edison Zweiter geworden sei und realisierte erst beim Siegerfoto, dass der 20kg Sack Hundefutter neben mir und nicht neben dem Flat stand und der Richter die Siegerschleife höher hielt als die Reserve-Schleife. Als dort alle Fotografen vor mir standen, realisierte ich dann auch zum ersten Mal, was hier eigentlich gerade abging. Ich hatte wirklich Pipi in den Augen und konnte es nicht fassen. Dies schien Herr Fryckstrand zu bemerken und machte gleich eine Bemerkung dahingehend, so dass ich lachen musste. Diese Momente werden mir sicher mein Leben lang in Erinnerung bleiben. Ich bin unendlich dankbar dafür – Danke!!
Fazit
Es hat wahrlich alles gestimmt heute. Ich würde sagen, genau so sieht ein perfekter Ausstellungstag aus. Angefangen bei der entspannten Parkplatzsituation direkt vor dem Schlossgarten, über die wirklich gute Organisation der Veranstaltung, das hervorragende Wetter, die traumhafte Location, der spitzen Richter bis hin zum wunderbaren Edison, der sich von einer Seite gezeigt hat, die ich so bisher auch noch nicht kannte: 100% Fokus auf mich, das Gangwerk ein Traum, das Stehen wie in Stein gemeißelt und die Kirsche auf der Sahne, er wurde nach hinten raus einfach nicht müde Runde um Runde mit mir zu laufen. Der helle Wahnsinn und dabei ist meine rote Fellnase noch keine 2,5 Jahre alt!! Ich glaube unsere Züchterin Carolin weiß garnicht, was für einen Pfundskerl sie uns da vermacht hat. In Zukunft werden wir sicher weitere Open-Air-Ausstellungen besuchen. Also SRAs, wir kommen! :D